Wackelbilder, Kipp- oder Pumpbilder sind ein
einfaches Verfahren, Szenerien dreidimensional darzustellen. Benötigt
werden wie bei jeder anderen Form von Stereographie mindestens zwei
Aufnahmen des Motivs aus zwei unterschiedlichen Perspektiven.
Bei den meisten anderen Verfahren werden dem Betrachter die Fotos
einzeln in die Augen geführt, so dass das linke Auge das Bild sieht,
das von der linken Kameraposition aus aufgenommen wurde, und das rechte
Auge das, was die Kamera von der rechten Perspektive aus festgehalten
hat. Dazu sind recht aufwändige Apparaturen oder Übungen nötig.
Bei Wackelbildern dagegen werden einfach beide Bilder unablässig in
kurzem Abstand (1/10 bis 1 Sekunde) am selben Ort gezeigt. Eine
derartige Darstellung ist mit einem PC sehr einfach z.B. über die
Ausgabe eines animierten Gif-Bildes im Internet-Browser zu erreichen.
Der räumliche Effekt beim Betrachten entsteht durch das unterbewusste
Zuordnen der Bilder zum jeweils richtigen geistigen Auge im
menschlichen Gehirn. Selbstredend ist diese Methode für den Betrachter
etwas anstrengend und nur dann erfolgreich, wenn die Bilder sehr gut
aufeinander ausgerichtet sind.
Die folgenden Beispiele illustrieren die Technik anhand einiger
Stereofotos, die am 15. August 2007 vom Hochgrat aus
aufgenommen wurden.
Die Bilder fungieren als Links zu höher aufgelösten Exemplaren. Bei Anklicken erhalten Sie ein entsprechendes großes Wackelbild in einem eigenen Browserfenster.
Die Abbildung zeigt zwei markante Berge: links den großen Widderstein
und rechts den hohen Ifen (südliche und nordwestliche Begrenzung des
kleinen Walsertales, Vorarlberg, Österreich). Eindrucksvoll sieht man
nördlich (den Betrachter zugewandt) des hohen Ifens die oberen
Gottesackerwände und das Karstgebiet des Gottesackerplateaus mit der
Bergstation des Ifenliftes in der Bildmitte.
Etwas störend an diesem Bild sind die unnatürlich wirkenden Farben. Sie
entstanden durch nötige Bildbearbeitung. Beim Anpassen zeigte sich,
dass sich der Wolkenhimmel in der Zeit zwischen den Aufnahmen durch
starken Wind deutlich verschoben hatte. So belassen hätte der zwischen
den Bildern stark unterscheidende Wolkenhimmel einen Großteil der
Konzentration auf sich gezogen und die Wirkung des Wackeleffektes stark
beeinträchtigt. Deshalb wurden die Kontrastwerte der Bilder so
verändert, dass der Himmel "flach" wurde, die Wolken also verschwanden.
Als Nebeneffekt wirkt das bearbeitete Bild schärfer, aber auch düsterer.
Der Stereoeffekt wird hier deutlich sichtbar. Man erkennt drei
Hauptenebenen: Die Gottesackerwände über den geneigten Grasmatten (ca.
13km vom Betrachter entfernt), der hohe Ifen mit seinen beidseitigen
Gratausläufern (ca. 16km entfernt) und das Massiv des Widdersteins (in
gut 23km Entfernung). Durch das Gefühl, das ihm die gegenseitigen
Verschiebungen vermittelt, wird der Betrachter ohne Berechnung spontan
sagen können, dass der Widderstein erheblich weiter vom hohen Ifen
(mittleren Ebene) entfernt ist, als die Gottesackerwände.
Bei dem rechten Wackelbild wurde auf die Wolkenkorrektur verzichtet. Es
zeigt im Mittelgrund den Kopf des Allgäuer Hauptkammes mit dem
berühmten Triptichon aus (von links) Trettachspitze, Mähdelegabel und
Hochfrottspitze, des höchsten deutschen Berges außerhalb Oberbayerns
(Entfernung ca. 27km). Am rechten Bildrand sieht man noch durch die
Bockkarscharte getrennt den Bockkarkopf. Der Hintergrund (links) zeigt
ein Massiv in den Lechtaler Alpen und der Vordergrund den grünen Grat
(18km entfernt) zwischen Söllereck und dem Fellhorn (rechts außerhalb
des Bildes).
Obwohl keine drei Minuten zwischen den Aufnahmen lagen, erkennt man,
dass sich der Wolkenhimmel deutlich verändert hatte. Dies wirkt in
einem 3D-Bilderpaar sehr befremdlich und trägt dem Eindruck, dass beide
Bilder das selbe Motiv zeigen, erheblich ab.
Aber nicht nur der Hintergrund verändert sich in störender Weise,
sondern auch das Motiv selbst: Eine Wolke schattet auf einem der beiden
Bilder die ansonsten überallhin scheinende Sonne über den Bockkar ab.
Dieser Helligkeitsunterschied hätte mit Bildverarbeitung nur sehr
mühsam korrigiert werden können. Zumindest inhaltsselektive
Manipulationen sollten beim Anspruch einer Fotodokumentation
unterbleiben.
Das Allgäuer Matterhorn, der Hochvogel, in seiner vollen Pracht. Im
Vordergrund ganz links befinden sich Rubihorn und Nebelhorn bei
Oberstdorf, dahinter die Fuchskarspitze, weiter rechts dann der Seekopf
und das Laufenbacher Eck.
Auch dieses Wackelbild ist nicht optimal. Neben dem gleichen Problem
des unstatischen Himmels zwischen den Aufnahmen fällt die schlampige
Ausrichtung der Teilbilder auf. Fotos aus der freien Hand geschossen
sind nie völlig waagrecht (und im Gebirge ist die Bestimmung der
Waagrechten ohnehin eine Wissenschaft für sich).Je nach Verfahren muß
für das Ausrichten eines Stereobildpaars unterschiedlicher Aufwand
betrieben werden. In jedem Fall muß man die Bilder bezüglich der
Drehung (um die Bildmitte) angeglichen. Dieser Vorgang ist beim
Hochvogel-Doppelbild nur unzureichend erfolgt.
Bei einem Wackelbild müssen auch die Lagekoordinaten abgestimmt sein.
Dabei sind die y-Koordinaten zueinander festgelegt. Die x-Koordinaten
nicht, da beide Bilder ja unterschiedlich sind. Hier hat man die
Möglichkeit, gezielt einen Punkt des einen Bildes auf den
korrespondierenden Punkt des anderen Bildes zu legen. Dieser Punkt ist
dann der Fixpunkt des Wackelns. Und dieser Punkt ist dann auch der
Punkt, wo der Betrachter seinen Blick haften lässt, um das Bild in
natürlicher Weise zu erleben. Durch die Wahl des Fixpunktes kann man
also den Blick des Zusehers lenken.
Das Bild rechts zeigt noch ein Bild vom Hochgrat in Richtung Süden aufgenommen,
wo ein gewaltiges Bergmassiv (Hoher Riffler, Verwall) hoch oben einen Gletscher trägt. Die Entfernung ist allerdings so groß, dass innerhalb des Massivs durch das
Wackeln keine räumlichen Strukturen mehr erkennbar werden.
Auch
der grüne Berg im Vordergrund (Diedamskopf) verbirgt durch das Gegenlicht seine
wesentlichen Geheimnisse. Die Fläche seiner Flanke wechselt übrigens
leicht ihre Farbe zwischen den Bildern. Dies war bei einer generellen
Anpassung der Helligkeiten und der Kontraste der Bilder nicht ganz zu
vermeiden.
Das letzte Wackelbild schließlich offenbart meinen Heimatort Oberstaufen vom Seelekopf aus in drei Dimensionen. Die beiden Einzelbilder sind gut an einander angepasst und im zentralen Punkt, der Pfarrkirche, zentriert. Die spezielle Art der Ausrichtung führt dazu, dass eine auf einer ganzen Linie vom linken Bildrand durch die Kirche bis rechts am Hang des Staufens alle Punkte als Fixpunkte erscheinen und die Ebenen dahinter und davor gegeneinander wackeln. Diese Art der Darstellung ist eine Alternative dazu, die Objekte ringförmig um das Zentrum wackeln zu lassen. Doch dies sind die Feinheiten in der Kunst, Wackelbilder zu erstellen und ihre weitere Ausführung würde an dieser Stelle zu weit führen ...
Haben sie vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!